
LLM: Austauschbar oder Erfolgsfaktor?
Ist das Large Language Model austauschbar – oder doch der entscheidende Erfolgsfaktor?
In meinem letzten Beitrag habe ich die These aufgestellt, dass das LLM für Business-Anwendungen eher ein austauschbares Werkzeug als der zentrale Erfolgsfaktor ist. Doch wie sieht die Gegenposition aus? Gibt es Fälle, in denen das gewählte Modell eben nicht beliebig ersetzbar ist – und vielleicht sogar den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmacht?
Gegenargument 1: „Nicht jedes Modell ist gleich gut – Unterschiede in Qualität und Leistung“
Man könnte sagen: „Natürlich ist das LLM entscheidend! Es gibt große Unterschiede zwischen Modellen – und diese Unterschiede beeinflussen direkt die Qualität der Antworten.“
✅ Beispiel: GPT-4 ist in vielen Fällen kreativer und präziser als GPT-3.5. Claude schneidet oft besser bei langen Kontexten ab. Open-Source-Modelle wie Llama 2 oder Mistral sind zwar günstiger, aber meist schwächer in der generativen Qualität.
➡ Wenn das Modell schlechtere Antworten liefert, beeinflusst das direkt den Nutzen der Anwendung. Wer z.B. eine AI für juristische Analysen baut, kann sich keine „fast richtigen“ Ergebnisse leisten – das richtige Modell ist hier essenziell.
Gegenargument 2: „Manche Use Cases erfordern spezialisierte Modelle“
Nicht jedes Business-Problem kann mit einem generischen LLM gelöst werden. Ein Finanz-LLM, ein juristisches LLM oder ein medizinisches Modell sind nicht einfach durch ein anderes zu ersetzen.
✅ Beispiel:
- BloombergGPT ist speziell für den Finanzmarkt trainiert – ein allgemeines GPT-4 kann da nicht mithalten.
- Med-PaLM von Google ist auf medizinische Diagnosen optimiert und würde besser abschneiden als ein Standardmodell.
➡ Wenn ein Business-Modell auf hochspezifische Präzision setzt, ist das LLM nicht einfach austauschbar.
Gegenargument 3: „Die Wahl des LLM beeinflusst Datenschutz und Compliance“
Nicht jede Organisation kann einfach irgendein LLM nutzen – es gibt regulatorische und ethische Einschränkungen.
✅ Beispiel:
- Unternehmen mit sensiblen Daten (Banken, Krankenhäuser, Behörden) dürfen oft keine Cloud-Modelle wie OpenAI oder Google nutzen.
- Open-Source-Modelle wie Mistral oder Llama 2 sind hier attraktiver, weil sie On-Premise laufen können.
➡ Die Wahl des Modells kann also eine kritische Business-Entscheidung sein, weil sie bestimmt, ob das Produkt überhaupt in bestimmten Märkten eingesetzt werden kann.
Welche Seite hat nun die besseren Argumente?
Wie so oft: Es kommt drauf an.
Das LLM ist austauschbar, wenn…
- Der Use Case allgemeine Sprachfähigkeiten nutzt (z. B. Chatbots, Content-Generierung, allgemeine Automatisierung).
- Das Produkt durch RAG, APIs oder andere Mechanismen mehr vom „Drumherum“ als vom Modell selbst lebt.
- Die Architektur der Anwendung es ermöglicht, verschiedene Modelle zu testen oder auszutauschen.
➡ Fazit: In vielen Business-Anwendungen entscheidet die Einbettung in Prozesse, nicht das Modell selbst.
Das LLM ist NICHT austauschbar, wenn…
- Die Anwendung auf extreme Präzision angewiesen ist (z. B. Recht, Medizin, Finanzen).
- Regulatorische oder Compliance-Anforderungen eine Rolle spielen (z. B. Datenschutz, KRITIS).
- Die Anwendung domänenspezifische Modelle oder Fine-Tuning benötigt.
➡ Fazit: Wenn das Modell der USP des Produkts ist, dann ist es nicht einfach ersetzbar.
Mein persönliches Fazit: Das Modell ist wichtig – aber oft nicht das zentrale Erfolgskriterium
Für die meisten Business-Anwendungen ist das LLM eine Plattform-Technologie – wichtig, aber nicht der USP. Es ist wie ein Betriebssystem oder eine Datenbank: Man braucht es, aber der eigentliche Wert entsteht durch das, was drumherum passiert.
Aber: Es gibt Fälle, wo das LLM den Unterschied macht – gerade in hochspezialisierten oder regulierten Bereichen.
Was denkt Ihr? Ist das LLM in Eurem Business ein entscheidender Faktor – oder nur ein Mittel zum Zweck?